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"Geschworenen gefällt das nicht" Amber Heards Zeuge macht sich unbeliebt

Der Sachverständige David Spiegel hat Depp nicht selbst untersucht, dessen Anwälte hatten das abgelehnt.

Der Sachverständige David Spiegel hat Depp nicht selbst untersucht, dessen Anwälte hatten das abgelehnt.

(Foto: REUTERS)

Viele Experten sagen derzeit in dem Verleumdungsprozess von Johnny Depp und Amber Heard für die Schauspielerin aus. Ein Zeuge, der dem "Fluch der Karibik"-Star "narzisstische Züge" unterstellt und einen "Idioten" nennt, kommt bei Beobachtern aber nicht gut an.

In dem laufenden Verleumdungsprozess, in dem sich Johnny Depp und seine Ex-Frau Amber Heard gegenseitig häuslicher Gewalt bezichtigen, sind am Montag drei Sachverständige - ein Handchirurg, ein Psychiater und eine Produzentin - im Fairfax County im US-Bundesstaat Virginia in den Zeugenstand getreten, um gegen den "Fluch der Karibik"-Star auszusagen. Der Psychiater machte sich bei seiner Befragung allerdings nicht sonderlich beliebt.

So sagte David Spiegel mit Verweis auf Videoaussagen und andere Prozessmaterialien von Depp aus, der 58-jährige Schauspieler habe kognitive Probleme, die jemand in seinem Alter nicht haben sollte. Demnach schädigten sein Alkohol- und Drogenkonsum sein Gedächtnis in erheblichem Maße, so der Psychiater. Depps Ex-Therapeut habe Depp gebeten, sich drei Wörter zu merken und sie fünf Minuten später zu wiederholen. "Herr Depp konnte sich an keins davon erinnern", was sehr ungewöhnlich sei, wie der Sachverständige sagte. "Im Allgemeinen sollte sich diese Altersgruppe an zwei oder alle drei dieser Wörter erinnern." Außerdem bescheinigte er Depp "narzisstische Züge".

Bei Drogenmissbrauch handele es sich zudem um eine auslösende Ursache für häusliche Gewalt, sagte Spiegel weiter. Die verschreibungspflichtigen Medikamente, die Depp konsumiert haben soll, darunter Adderall für ADHS und das Neuroleptikum Seroquel, sollten auch nicht mit anderen Drogen wie Kokain oder MDMA kombiniert werden, warnte Spiegel. Depps übermäßiger Konsum beeinträchtige auch seine Fähigkeit als Schauspieler, so Spiegel. Er wisse, dass Depp einen Film "völlig besoffen" gedreht habe und einen Ohrhörer benutze, um seinen Text nicht zu vergessen. Er glaube auch, dass Depps "Denkrate" gesunken und seine Aufmerksamkeit und sein Gedächtnis beeinträchtigt seien.

"Geschworenen gefällt die Aussage nicht"

Im anschließenden Kreuzverhör zeigte sich der Psychiater ungewöhnlich streitsüchtig für einen Sachverständigen, sodass ihn sogar die Richterin Penney Azcarate mehrmals ermahnen musste, Depps Anwaltsteam zu antworten. Er schnitt Grimassen, wirkte genervt und unterbrach den Verteidiger Wayne Dennison so oft, dass Fragen mehrfach wiederholt werden mussten. Auf die Frage, ob er wisse, dass auch der (2004 verstorbene) Hollywood-Star Marlon Brando bei Dreharbeiten einen Ohrhörer verwendet habe, entgegnete Spiegel spöttisch: "Ist er nicht tot? Dann lautet die Antwort nein, er benutzt jetzt keins." Johnny Depp versteckte daraufhin ungläubig sein Gesicht hinter seiner Hand. Auch wegen einer Aussage, in der er Depp einen "Idioten" genannt hatte, musste sich Spiegel rechtfertigen.

Ebenso hitzig ging es weiter, als Depps Anwalt auf die Goldwater-Regel der Vereinigung "American Psychiatric Association" zu sprechen kam. Diese besagt, dass Psychiater keine professionellen Einschätzungen über Personen des öffentlichen Lebens abgeben dürfen, die sie nicht persönlich untersucht haben. Heards Team hatte zweimal eine medizinische Untersuchung von Depp durch Spiegel beantragt, die Anträge wurden jedoch abgelehnt. Spiegel entgegnete, dass er keine "Sesseldiagnose" abgebe. "Wenn Sie wollen, dass die Geschworenen glauben, dass Sachverständige unethisch sind, dann müssen Sie das wohl entscheiden", fügte er aufgebracht hinzu.

Doch nicht nur Johnny Depp zeigte sich während des Kreuzverhörs sichtlich verblüfft ob des Auftretens des Sachverständigen. So twitterte ein Prozessbeobachter live aus dem Gerichtssaal: "Den Geschworenen gefällt diese Aussage nicht. Mindestens drei bis vier von ihnen zeigen negative Gesichtsausdrücke direkt gegenüber dem Zeugen von Amber Heard, während Geschworener Nummer acht während des Kreuzverhörs Johnny Depps Anwalt anlächelt."

Chirurg zweifelt an Hergang von Depps Verletzung

Ebenfalls im Zeugenstand sagte der Handchirurg Richard Moore aus, er halte medizinische Befunde und Zeugenaussagen über Depps abgetrennte Fingerkuppe für unvereinbar mit der Verletzung, die der Schauspieler bei einem Streit mit Heard davongetragen haben soll. Depp wirft seiner Ex-Frau vor, ihn 2015 in Australien mit einer Wodkaflasche beworfen zu haben, während er an einer Theke saß. Dabei sei die Flasche kaputtgegangen und habe seine Hand getroffen, die über dem Thekenrand gelegen habe. Klinische Aufzeichnungen würden mit Depps Behauptung jedoch nicht übereinstimmen, da es sich um eine Quetschverletzung handele, sagte Moore.

Zu mehreren Fotos und Röntgenbildern der Verletzungen, die den Geschworenen gezeigt wurden, erklärte er, dass der Fingernagel nicht getroffen worden sei und sich der Gewebeverlust nur auf der Unterseite des Fingers befunden habe. Das medizinische Personal habe weder Glassplitter noch andere Verletzungen an Depps Hand dokumentiert, argumentierte Moore weiter. Im Kreuzverhör räumte der US-Arzt aber auch ein, Depp nicht selbst untersucht oder eine Operation durchgeführt zu haben. Ebenso wenig könne er das Objekt, das Depps Finger getroffen haben soll, identifizieren oder vollständig ausschließen, dass die Verletzung von einer Wodkaflasche verursacht wurde.

Jack Sparrow war kreativ "ausgeschöpft"

Johnny Depp verklagt Amber Heard wegen eines Kommentars in der "Washington Post" im Jahr 2018, in dem sich die Schauspielerin als Opfer häuslicher Gewalt bezeichnete. Obwohl sie Depps Namen nicht explizit erwähnt, behauptet er, der Artikel habe sich negativ auf seine Karriere ausgewirkt und ihn seine Rolle als Captain Jack Sparrow in der "Fluch der Karibik"-Filmreihe gekostet. Die Unterhaltungsberaterin und Produzentin Kathryn Arnold sagte nun aber aus, dass Depps einst "außergewöhnliche" Karriere bereits vorher aufgrund einiger "Flops" bergab gegangen sei.

Heards Kommentar habe keinen Einfluss auf Depps Rolle gehabt, da der Film noch gar nicht gedreht worden sei. Disney-Führungskräfte hätten laut Arnold auch nichts von dem Kommentar gewusst, bis Depp dagegen Klage eingereicht habe. Sie fügte hinzu, dass Depps Charakter Jack Sparrow kreativ "ausgeschöpft" gewesen sei. Zudem habe es auch Bedenken hinsichtlich seines Verhaltens gegeben. "Es war schwierig für die Branche, mit ihm zusammenzuarbeiten", sagte sie. "Wir haben über das unberechenbare Verhalten, die Verspätungen, den Drogen- und Alkoholmissbrauch gesprochen." Auch hätten mehrere Klagen gegen den Hollywood-Star "wirklich große Auswirkungen" auf seine Karriere gehabt. "Es ist schwierig für Filmstudios, insbesondere für ein familienorientiertes Studio wie Disney, mit einem Star in Verbindung zu stehen, der Nachrichten über verbrannte Leichen schreibt und gewalttätiges Verhalten in Videos zeigt."

Stattdessen sei es Heards Karriere, die am meisten leide, sagte Arnold. Die 36-Jährige habe sich einen guten Ruf aufgebaut und ihre Karriere sei mit "Aquaman" auf dem Vormarsch gewesen, bis die vermeintliche Verleumdungskampagne durch Depps Anwalt Adam Waldman und den damit verbundenen Rechtsstreitigkeiten begonnen habe. Für die Filmemacher sei es schwierig gewesen, mit ihr in Verbindung gebracht zu werden, in der "Aquaman"-Fortsetzung sei Heard lediglich am Anfang und kurz am Ende zu sehen.

Diese Zeuginnen könnten Depp helfen

Die Disney-Angestellte Tina Newman hatte am Donnerstag ebenfalls ausgesagt, dass sich in Gesprächen mit Disney-Vertretern niemand verpflichtet habe, Depp für den sechsten "Fluch der Karibik"-Film einzustellen. Auf die Frage, ob Depp in einem möglichen sechsten Teil zu sehen sei, antwortete Newman, diese Entscheidung sei "über meiner Gehaltsklasse". Sie räumte aber auch ein, dass sich das Filmprojekt bei Disney derzeit in der Entwicklung befinde. Der Talentagent Christian Carino, der mit Depp und Heard arbeitete, hatte dagegen zuvor bestätigt, Depp sei wegen Heards Anschuldigungen aus dem Franchise gestrichen worden. Dies hätten die Verantwortlichen von Disney zwar nie explizit ausgesprochen, es sei aber "gemeint gewesen".

Am 27. Mai werden die Abschlussplädoyers in dem Verleumdungsprozess erwartet. Bis dahin werden noch viele weitere Zeugen für Heard aussagen, aber auch Depp erhält noch einmal Unterstützung. Kate Moss, mit der er von 1994 bis 1997 liiert war, soll für den Schauspieler aussagen. Heard hatte während des Prozesses von einem Vorfall berichtet, bei dem Depp Moss eine Treppe heruntergestoßen haben soll. Das ermöglicht es Depps Anwälten, das Model als Zeugin aufzurufen. Auch Jennifer Howell, eine einstige Freundin von Heards Schwester Whitney, soll zu einem Streit auf einer Treppe befragt werden, bei dem Depp seine Ex-Frau und seine Schwägerin geschlagen haben soll. Howell behauptet, die Schwestern hätten vor Gericht gelogen.

Johnny Depp und Amber Heard hatten sich 2009 am Set von "The Rum Diary" kennengelernt. Anfang Februar 2015 feierten sie Hochzeit, Ende Mai 2016 reichte Heard die Scheidung ein, die Anfang 2017 vollzogen wurde. Nach Depps verlorener Verleumdungsklage in Großbritannien 2021 gegen die Zeitung "The Sun", die ihn als "Ehefrauenschläger" bezeichnet hatte, startete im April der US-Prozess.

Quelle: ntv.de, lpe

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