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Intensivbetten, Inzidenzen, Mutanten So ist die aktuelle Corona-Situation in Deutschland

Wie viele Menschen infizieren sich mit B.1.1.7, wie sieht es in den Krankenhäusern aus, und wo ereignen sich die meisten Ausbrüche? Die wichtigsten Informationen zur Corona-Lage im Überblick.
Isolierstation für Covid-Erkrankte in einem Klinikum in Mecklenburg-Vorpommern

Isolierstation für Covid-Erkrankte in einem Klinikum in Mecklenburg-Vorpommern

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Jens Büttner/ dpa

Deutschland befindet sich mitten in der dritten Corona-Welle, die Folgen machen sich auch auf den Intensivstationen bemerkbar. Gleichzeitig schreitet die Impfkampagne zwar schleppend, aber stetig voran. Die wichtigsten Informationen zur aktuellen Situation.

Wie entwickelt sich die Inzidenz?

Seit Mitte Februar steigt die Zahl der gemeldeten Corona-Infektionen in Deutschland stark an, etwa seit Mitte März hat sich die Entwicklung noch einmal beschleunigt. Am Karfreitag wurden dem Robert Koch-Institut innerhalb von 24 Stunden  18.129 neue Fälle gemeldet. Die Zahl der Todesfälle stieg um 120. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt damit bei rund 131 gemeldeten Infektionen pro 100.000 Menschen und Woche.

Zwar schwankt der 7-Tage-R-Wert seit wenigen Tagen um die eins, das heißt, dass jeder Infizierte im Schnitt nur noch einen weiteren Menschen ansteckt. Solange das so bleibt, wird der Ausbruch zwar nicht kleiner, aber auch nicht größer. Grund für Entwarnung gibt es trotzdem noch nicht.

»Im Rahmen der tagesaktuellen Berichterstattung können an einzelnen Tagen und auch an wenigen Tagen hintereinander Schwankungen der 7-Tage-Inzidenzen und des R-Werts auftreten, die nicht überbewertet werden sollten«, schreibt das RKI. Das Risiko einer weiteren starken Zunahme der Fälle ist demnach noch immer deutlich erhöht.

Nach Ostern könnten die Zahlen zudem weniger aussagekräftig sein, da aufgrund der Feiertage wahrscheinlich weniger Menschen zum Arzt gehen und sich testen lassen werden. Dies könnte zu einem trügerischen Rückgang der gemeldeten Infektionen führen. So war es zumindest um Weihnachten.

Wie groß ist der Einfluss von B.1.1.7?

Dass sich Sars-CoV-2 trotz Kontaktbeschränkungen wieder ausbreitet, lässt sich zum Großteil durch die deutlich ansteckendere Variante B.1.1.7 erklären. Sie dominiert mittlerweile das Infektionsgeschehen in Deutschland. Das heißt: Bei neuen Infektionen ist sehr wahrscheinlich, dass sich die Betroffenen mit B.1.1.7 angesteckt haben:

  • Laut Laborauswertungen macht B.1.1.7 mittlerweile 88 Prozent der Infektionen aus. Untersucht wurden mehr als 48.000 Proben aus der vergangenen Woche (KW 12/2021).

  • Das RKI kam bei einer Analyse zwei Kalenderwochen zuvor (KW 10/2021) auf einen Anteil von 78 Prozent.

Zum Vergleich: Ende Januar konnten die Labore B.1.1.7 nur in knapp sechs Prozent der untersuchten Proben nachweisen, Mitte Februar bereits in 22 Prozent, Mitte März dann in 72 Prozent (hier ein Bericht des RKI mit den Daten ).

Dass B.1.1.7 infektiöser ist als der Wildtyp, hat wahrscheinlich zwei Gründe. Zum einen scheiden Betroffene mehr Viren aus. Hinzu kommt, dass sich B.1.1.7 vermutlich leichter Zutritt zu menschlichen Zellen verschaffen kann, da es stärker an den sogenannten ACE2-Rezeptor bindet.

Auch die Variante B.1.351, die zuerst in Südafrika nachgewiesen wurde, sowie die Variante P.1, die vor allem in Brasilien zirkuliert, verbreiten sich in Deutschland – allerdings noch in einem viel kleineren Maßstab. Bei den Analysen von mehr als 48.000 Proben gingen 365 auf B.1.351 zurück, das entspricht 0,8 Prozent. P.1 war mit einem Anteil von 46 Proben und 0,1 Prozent noch seltener.

Wie unterscheidet sich die Lage in den Bundesländern?

Aktuell gibt es laut RKI-Situationsbericht  deutschlandweit nur drei Bundesländer, in denen die Inzidenz unter 100 liegt – in denen also in der vergangenen Woche weniger als 100 von 100.000 Menschen eine Corona-Diagnose erhalten haben: Mecklenburg-Vorpommern (Inzidenz von 90), das Saarland (Inzidenz von 90) sowie Schleswig-Holstein (Inzidenz von 73).

Die höchsten Inzidenzen dokumentierte das RKI in Sachsen-Anhalt (Inzidenz von 164), Sachsen (Inzidenz von 186) und Thüringen (Inzidenz von 245).

Von 412 Kreisen in ganz Deutschland haben nur noch elf eine Inzidenz von unter 50, die einst als Grenze für Lockerungen angedacht war.

Wie sieht es in den deutschen Krankenhäusern aus?

Das Robert Koch-Institut betreibt mit der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin ein Register, für das Kliniken in ganz Deutschland ihre Bettenauslastung melden.

  • Laut Tagesbericht vom Samstag  werden momentan mehr als 3900 Menschen mit Covid-19 auf Intensivstationen behandelt.

  • Von den Betroffenen werden 55 Prozent künstlich beatmet.

  • Im Vergleich zum Vortag ist die Zahl der Covid-19-Patientinnen und Patienten auf den Intensivstationen um 69 gestiegen.

  • Deutschlandweit sind demnach knapp 20.000 Intensivbetten belegt, rund 3900 stehen noch zur Verfügung. Hinzu kommt noch eine Notfallreserve von mehr als 10.000 Betten.

Zwischen einer Infektion und einer Aufnahme auf der Intensivstation vergehen in der Regel zwei bis drei Wochen. Die aktuelle Situation spiegelt also das Infektionsgeschehen in Deutschland von einem Zeitpunkt vor zwei bis drei Wochen wider. Seitdem ist die Zahl der Neuinfektionen noch einmal deutlich gestiegen.

Dies lässt befürchten, dass auch die Intensivstationen in den nächsten Wochen noch stärker ausgelastet sein werden. Umgekehrt machen sich auch sinkende Zahlen erst mit einer Verzögerung von zwei bis drei Wochen bemerkbar.

Fachleute befürchten, dass die Intensivstationen in einem Monat überfüllt sein könnten. Sie warnen bereits seit Wochen vor den Auswirkungen der dritten Welle und fordern stärkere Maßnahmen, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. »Schwere Erkrankungen an Covid-19, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, betreffen dabei auch Menschen unter 60 Jahren«, schreibt das RKI in einer aktuellen Risikobewertung .

Wer infiziert sich wo?

Das Infektionsgeschehen konzentriert sich momentan im Vergleich zu den ersten beiden Wellen deutlich stärker auf jüngere Altersgruppen. »Die Covid-19-Fallzahlen steigen in allen Altersgruppen wieder an, besonders stark jedoch bei Kindern und Jugendlichen, von denen auch zunehmend Übertragungen und Ausbruchsgeschehen ausgehen«, heißt es im aktuellen Situationsbericht  des Robert Koch-Instituts.

Bei den über 80-Jährigen hingegen liegt die Inzidenz mit einem Wert von 65 Fällen pro Woche und 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern mittlerweile deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 130. Daran lassen sich die positiven Effekte der Impfungen ablesen.

Noch immer ist bei einem Großteil der Fälle nicht bekannt, wo sich die Menschen infiziert haben. Werden Ausbrüche gemeldet, betreffen diese laut RKI jedoch insbesondere Privathaushalte sowie zunehmend Kitas, Schulen und das Arbeitsumfeld. Die Ausbrüche in Alters- und Pflegeheimen hingegen nehmen immer weiter ab, auch das ist ein Effekt der Impfungen.

Um möglichst wenig Infektionen in Schulen und Kitas hineinzutragen, ruft das RKI dazu auf, Kontakte außerhalb so stark wie möglich zu reduzieren und auf die bekannten Abstandregeln zu achten sowie bei den kleinsten Anzeichen einer Erkrankung zu Hause zu bleiben.

Wie viele Menschen sind mittlerweile geimpft?

Immerhin rund zwölf Prozent der Menschen in Deutschland haben die erste von zwei notwendigen Impfdosen erhalten. Das ist mehr als jede zehnte Person. Voll geimpft sind bislang allerdings nur rund fünf Prozent der Gesamtbevölkerung. Bis die Impfungen die Ausbreitung des Virus merklich bremsen können, wird es deshalb noch einige Zeit dauern.

Bleibt es bei den aktuellen Lieferzusagen, könnte das Impftempo in den nächsten Wochen jedoch deutlich steigen. Dann ist sogar denkbar, dass bis Ende Juli alle impfwilligen Erwachsenen geimpft sein könnten  – trotz der Schwierigkeiten rund um den AstraZeneca-Impfstoff .

Hinzu kommt eine weitere, gute Nachricht: »Alle Impfstoffe, die aktuell in Deutschland zur Verfügung stehen, schützen nach derzeitigen Erkenntnissen sehr gut vor einer Erkrankung durch die in Deutschland hauptsächlich zirkulierende Virusvariante B.1.1.7, und sie schützen auch vor schweren Erkrankungen durch die anderen Varianten«, schreibt das Robert Koch-Institut.

irb
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