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Friedhof der Kuscheltiere Guter Twist, schlechter Twist

Der Film "Friedhof der Kuscheltiere" erwacht zu neuem Leben. Das ist schaurig-schön anzusehen, lässt aber den Knall am Ende vermissen.

"Friedhof der Kuscheltiere". Dieser Titel stand in den 80er Jahren für schauriges Getuschel auf den Schulhöfen. Später für schaurige Gedanken an die zeitlose Geschichte über Tod, Trauer und Verlust. Und noch später für unfreiwillig schaurige Erinnerungen an die Verfilmung von 1989, an der der Zahn der Zeit vehement genagt hat und die heutzutage kaum noch anzuschauen ist. Insofern ist der Neuverfilmung, die ab 4. April in den deutschen Kinos anläuft, ihre Daseinsberechtigung schon gewiss. Doch wo das Remake verheißungsvoll beginnt, muss es sich am Ende doch glatt hinter der ersten Verfilmung aus den 80ern anstellen.

Trauer ist kein guter Entscheidungsträger

Dr. Louis Creed (Jason Clarke), seine Frau Rachel (Amy Seimetz) und ihre beiden Kinder Gage und Ellie entfliehen der Großstadt für ein beschauliches Leben auf dem Land. Ganz in der Nähe ihres neuen Zuhauses und von dichtem Wald umgeben, befindet sich der unheimliche "Friedhof der Kuscheltiere". Nach einem tragischen Zwischenfall bittet Louis seinen kauzigen Nachbarn Jud Crandall (John Lithgow) um Hilfe und löst damit ungewollt eine gefährliche Kettenreaktion aus, die etwas abgrundtief Böses freisetzt und das neu gewonnene Familienidyll bedroht. Schnell wird den Creeds klar: "Sometimes dead is better" - "Manchmal ist es besser, tot zu sein".

Die perfekte Horror-Vorlage

"Friedhof der Kuscheltiere" gilt als die Geschichte von Stephen King mit dem wohl radikalsten Ende. Und das will schon etwas heißen bei einem Schriftsteller, der Horror-Romane seit 1974 gefühlt ebenso schnell rausballern kann, wie andere Leute Tweets (bereits über 70, und hierbei sind seine Werke unter dem Pseudonym Richard Bachmann noch nicht mal mitgezählt). Dementsprechend gespannt harrten Fans auf die Neuverfilmung des Stoffes unter der Regie des Duos Kevin Kölsch und Dennis Widmyer aus.

So viel gleich vorweg: Handwerklich fängt "Friedhof der Kuscheltiere" das Schreckliche bis auf zwei winzige Ausnahmen wunderschön ein. Lediglich der handlungsgebende Verkehrsunfall stammt etwas zu eindeutig aus der Computer-Trickkiste, während die Titel-Grabstelle in manchen Szenen wie aus einem zweitklassigen Endzeit-Streifen abgepaust wirkt. Doch als im ersten Drittel des Films ein Jugendlicher mit einer schrecklichen Kopfverletzung auf Dr. Creeds Tisch landet, frohlockt das Horrorherz förmlich. Zudem wurde eine so finster dreinblickende Katze gefunden, dass dagegen selbst Grumpy Cat wie eine feline Stimmungskanone wirkt. Würde der Rest des Films ähnlich grausige Schauwerte bieten?

Mischung aus Jump-Scares und Psycho-Terror

Wer die Vorlage kennt, weiß ganz genau, an welchen Stellen die Fingernägel des Publikums am meisten in Mitleidenschaft gezogen werden. Stichwörter: Achillessehne, kranke Schwester, Auferstehung. Hier versuchen Kölsch und Widmyer mit einer Mischung aus bewährten, aber zumeist eher plumpen Jump-Scares und weitaus feinfühligerem Psycho-Horror zu arbeiten. Dass Letzteres deutlich besser als im Original von 1989 funktioniert, ist dem Schauspiel-Ensemble geschuldet.

Bei Hauptdarsteller Dale Midkiff (59) fragte man sich damals noch verdutzt, was der Schauspieler eigentlich beruflich macht. Vielsagend, dass zu seinen späteren Meilensteinen der Karriere nur noch Filme wie "The Crow III" oder "Air Bud 3 - Ein Hund für alle Bälle" zählten. Charakter-Mime Jason Clarke (49) ist im Remake der psychische Verfall dagegen deutlich und vor allem glaubhaft anzumerken.

Das gilt auch für Amy Seimetz (37, Rachel Creed), der die vielleicht nervenaufreibendsten Momente des Films gelten. John Lithgow (73) ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben, auch wenn dem doppelten Oscar-Nominierten als liebenswerter Nachbar Jud Crandall insgesamt recht wenig Zeit eingeräumt wird. Apropos Zeit: Hier beschreitet "Friedhof der Kuscheltiere" mit einer Laufzeit von rund 100 Minuten in Zeiten der dreistündigen Blockbuster einen erfrischend anderen Weg alter Film-Schule.

Die Krux mit den Twists

Diesen Part sollte jeder überspringen, der eine maßgebliche Änderung im Remake nicht im Vorfeld wissen will. Doch ist er ein zu großer Kritikpunkt (im positiven wie im negativen Sinne), als dass er ausgelassen werden könnte. Bereit? Achtung, Spoiler!

Die Geschichte von "Friedhof der Kuscheltiere" handelt von der Korruption der Unschuld in Person - der eines Kindes. Dass im Remake nicht etwa der zweijährige Sohn Gage das Opfer des Verkehrsunfalls wird, sondern dessen ältere Schwester Ellie (Jeté Laurence), ergibt im ersten Moment Sinn. Denn peinlich berührt blickt man inzwischen auf die Versuche des Originals zurück, einem Kleinkind, das kaum laufen kann, Horror-Potenzial zu verleihen.

Das Problem: Gages tragische Rolle nun eins zu eins auf Schwester Ellie umzuwälzen, funktioniert ebenfalls nur bedingt. Gerade weil das Opfer im Roman so jung ist, sich noch nicht richtig artikulieren kann, noch kein rational denkender Mensch ist, erschüttert seine Auferstehung bis ins Mark. Nicht falsch verstehen, natürlich geht Ellies Tod ungemein nahe und zerreißt auch kinderlosen Cineasten das Herz. Der grafische Tod eines Zweijährigen stellt jedoch ein Schicksal dar, das erst recht 1983, aber selbst jetzt in der Ära von "The Walking Dead" und Co., noch als Tabubruch gilt. Ob man nun will oder nicht - die bleiben nun einmal in Erinnerung.

Fazit

Ohne das Ende des Remakes zu verraten, muss konsterniert festgestellt werden, das selbiges in der Verfilmung von 1989 mit mehr Punch daherkam. Es ließ die Zuschauer damals eher mit jener Leere zurück, die Stephen King nach der Fertigstellung des Skripts dazu bewog, den Roman erst einmal für lange Zeit in den Weiten seiner Schreibtischschublade verschwinden zu lassen. Wer optisch fast einwandfreies Horror-Kino erleben will und sich nicht daran stört, dass das Finale eher unspektakulär daherkommt, kann aber getrost den "Friedhof der Kuscheltiere" besuchen.

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