Auch eine kaputte Uhr, so sagt man, geht zumindest zweimal am Tag richtig. Armin Laschet ist diese Uhr. Leider sind ihr auch noch die Zeiger abgefallen, und so kann man sich an dem Ding eigentlich nurmehr deshalb erfreuen, weil, nun ja, man die halt immer getragen hat.
Es sind noch vier Tage bis zur Wahl, und es zeigt sich immer deutlicher: Hier gibt es keine Richtungsweisungen, keine Präzision, nichts Konkretes. Ein leeres Ziffernblatt als Erinnerung daran, dass hier doch mal vieles richtig ging. Es gibt noch die Teilstriche, um Zeiten anzudeuten, allein die Orientierung fehlt. Wahlkampf, das ist vor allem Klarheit. Zumindest die Simulation ebendieser. Sogar eine selbstbewusst ausgesprochene Unwahrheit kann Vertrauen schaffen, wenn man sie nur häufig genug mit dem Brustton der Überzeugung wiederholt.
"Mit wir wird es keine Steuererhöhungen geben!"
"Ich will Klimaneutralität."
"Gendersprache macht die Oma dumm!"
Was will der Mann uns sagen?
Alles mehr oder minder sinnhaft, aber knackig. Was gar nicht funktioniert ist die swingerclubhafte Rhetorik des Unionskanzlerkandidaten: Alles kann, nix muss. Der Mann will Brückenbauer sein, aber hat dafür die Bausubstanz genovesischer Viadukte. Und das aus nackter Angst vor weiteren Umfrageabstürzen. Leider war Angst noch nie ein guter Ratgeber.
Was will der Mann uns sagen? Zum einen betont er oft und gerne, dass er sich klar von den Rechtsradikalen abgrenzt, "nicht einmal mit der AfD reden" wolle er. Klare Kante! Jawoll! Andererseits verpasst er ein ums andere Mal die Gelegenheit, sich deutlich von Hans-Georg Maaßen, zu distanzieren. Würde er vielleicht gerne. Dummerweise hat er es gerade nicht so dicke, und eine zu deutliche Ansage an den Voldemort aus Südthüringen (das neue Mordor?) könnte womöglich zu viele Rechte in der eigenen Partei verprellen, die dann endlich zur AfD rübermachen.
Es war halt immer schon leichter, sich als SPD von Sarrazin oder als Grüne von Palmer loszusagen, während ein bisschen rechts zu sein mit der Partei von Dregger oder Strauß durchaus stets in Einklang zu bringen war. Klar, blöd, dass mit dem Ausstieg der Kanzlerin die Merkel-Sozen ihre Schuldigkeit als getan erachten und ihr Sabbatical in der Union für beendet erklären. Da möchte man Rechts der Mitte nicht noch mehr verlieren, während man links gerne ein paar vom Exodus abhalten möchte
Armin Laschet ist im Dauerstressmodus
Nur: Dort, wo die Arme richtungsweisend in verschiedene Direktionen ausgestreckt werden, suchen sich die Menschen lieber andere Führungsfiguren. Dass der Printen-Hollande aus Aachen mittlerweile im Dauerstressmodus angekommen ist und ein paar dann doch schnell erwartbare Fragen von Kindern patzig pariert wie Heinz Wäscher in "Kein Pardon" – geschenkt.
Aber wie kann es sein, dass nur zwei Tage, nachdem in Idar-Oberstein ein Mann von einem Querdenker erschossen wurde, der Kanzlerkandidat
Wer die Hosen voll hat, verliert sein feines Näschen
Erst denken, dann handeln – ein wertvoller Tipp, den man im Team Laschet offensichtlich für so wichtig erachtet wie korrekt errechnete Klausurnoten. Wer die Hosen voll hat, verliert darüber gern sein feines Näschen. Dass es aber auch hier nicht möglich ist, zu sagen "loszugehen und wegen einer Maske einen jungen Mann zu erschießen, sind KEINE unterschiedlichen Sichtweisen" zeigt überdeutlich, von welcher Panik man in der Union man befallen ist, durch eine zu drastische Wortwahl auch noch das coronagestresste Konservativenpotenzial zu verprellen.
Wie in diesen Filmen, in denen der Hauptdarsteller partout nicht lügen kann, kann der lustige Rheinländer hier auf keinen Fall hart durchgreifen. Er scheint verflucht, nie die richtigen Worte finden zu können. Everybody's darling is everybody's depp. Traurig. Tragisch. Totalausfall. Früher war mehr "Basta!" Und Laschet. Will nach allen Seiten offen sein – und ist dabei schlicht Leck geschlagen.
Er ist natürlich nicht diese Uhr. Er ist ein Kompass ohne Nadel. Stört nicht weiter. Helfen tut er allerdings auch nicht.