Freie Wähler:Aiwanger und seine Fraktion liegen überkreuz in der Bundespräsidentenfrage

Freie Wähler: Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler, scheiterte offenbar mit seiner Kandidatin für die Bundespräsidentenwahl in der eigenen Landtagsfraktion.

Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler, scheiterte offenbar mit seiner Kandidatin für die Bundespräsidentenwahl in der eigenen Landtagsfraktion.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Vor fünf Jahren nominierten die Freien Wähler einen früheren Fernsehrichter als Gegenkandidat zu Frank-Walter Steinmeier - und erzielten einen Achtungserfolg. Nun wollte Parteichef Aiwanger erneut eine Kandidatin aufstellen. Doch in seiner Fraktion gibt es andere Vorstellungen.

Von Johann Osel, München

Sollen die Freien Wähler (FW) einen eigenen Vorschlag für das Amt des Bundespräsidenten machen? In dieser Frage hat sich die Partei durch interne Debatten in eine missliche Lage manövriert und offenbar darin verheddert. Wie zunächst der Münchner Merkur berichtet hatte, gab es vergangene Woche in der Landtagsfraktion eine Abstimmung. FW-Kreise bestätigten der SZ die Abläufe im Grundsatz.

Freie Wähler: Sie war offenbar Aiwangers erste Wahl: Eva Gottstein, Ehrenamtsbeauftragte der Landesregierung.

Sie war offenbar Aiwangers erste Wahl: Eva Gottstein, Ehrenamtsbeauftragte der Landesregierung.

(Foto: Toni Heigl/Toni Heigl)

Demnach soll vom FW-Bundes- und Landesvorsitzenden, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, eine Kandidatin präsentiert worden sein: Eva Gottstein, 72, Ehrenamtsbeauftragte der Staatsregierung, Abgeordnete seit 2008. Laut dem Bericht war dies von Aiwanger zuvor mit der Bundesspitze und den zwei anderen Fraktionen in Deutschland, Rheinland-Pfalz und Brandenburg, so besprochen worden. Die Fraktion in München - die einzige, die eine Regierung stellt - soll sich übergangen gefühlt haben und den Bildungs- und Europapolitiker Tobias Gotthardt, 44, als Zählkandidaten gegen Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier ins Spiel gebracht haben: Gotthardt gewann die Abstimmung gegen Gottstein.

Am Montag war nun viel Ärger über das Durchsickern der Causa zu vernehmen, auf Anfragen in Fraktion, Landesverband und bei Beteiligten wollte sich niemand offen äußern. Auch Aiwanger stellte in aller Kürze klar: "Internes Thema."

Fraglich ist, ob Gottstein und Gotthardt überhaupt noch wollen

Für einen Vorschlag zur Bundesversammlung am 13. Februar gebe es genau so gute Gründe dafür wie dagegen, hieß es in FW-Kreisen: Eine Kandidatur oder ein Verzicht seien jeweils kein Schaden, man würde damit "weder Schiffbruch erleiden noch groß etwas gewinnen". Was aber ein Schaden sei: der Eindruck von Streit oder gar Spekulationen über eine zu geringe Hausmacht von Aiwanger in der Fraktion. Das sei nicht der Fall, man könne da keinen Dissens "herbeikonstruieren", zumal das Thema höchstens eine Randnotiz sei. Eine Abstimmung sei eben ein demokratischer Vorgang, hört man noch, aber des Streitens quasi gar nicht wert.

Freie Wähler: Offenbar fühlte sich die Fraktion der Freien Wähler im Landtag übergangen und nominierte Tobias Gotthardt für das Bundespräsidentenamt - gegen den Wunsch ihres Chefs.

Offenbar fühlte sich die Fraktion der Freien Wähler im Landtag übergangen und nominierte Tobias Gotthardt für das Bundespräsidentenamt - gegen den Wunsch ihres Chefs.

(Foto: oh)

Die Gemengelage ist indes komplizierter: Mit dem Entscheid in der Fraktion ist die Sache für diese eigentlich erledigt - trotz ihrer Macht sind die Abgeordneten im Landtag ein Rädchen in der Gesamtpartei. Im Zuge der Expansion der FW von der einst lokalen Vereinigung zur Bundespartei hat es offensichtlich noch keine Routinen bei Absprachen und Koordinierung gegeben, wie sie andere Parteien etabliert haben. Wie geht es weiter? Fraglich ist, ob Gottstein und Gotthardt überhaupt noch wollen - oder irgendjemand.

Freie Wähler: Aus dem Fernsehen an die Staatsspitze? Nicht ganz. Vor fünf Jahren erzielten die Freien Wähler mit Alexander Hold in der Bundesversammlung immerhin einen Achtungserfolg.

Aus dem Fernsehen an die Staatsspitze? Nicht ganz. Vor fünf Jahren erzielten die Freien Wähler mit Alexander Hold in der Bundesversammlung immerhin einen Achtungserfolg.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die Freien Wähler verfügen in der Bundesversammlung über 18 von 1472 Stimmen. 2017 hatten sie den Richter Alexander Hold nominiert, heute Vize-Präsident des bayerischen Landtags. Er hatte 25 Stimmen erhalten, etliche mehr, als die FW damals repräsentierten - ein Achtungserfolg. Darüber, ob es auch diesmal eine solche Duftmarke braucht, wird seit Längerem geredet unter FWlern, man wollte erst die Entwicklungen nach der Bundestagswahl abwarten.

Dass auch CDU und CSU jetzt Steinmeier wählen wollen, hat anscheinend doch die Idee beflügelt, mit einem eigenen Vorschlag im Unionslager manche Stimme zu ergattern und damit vielleicht einen Mini-Coup zu landen. Ob überhaupt ein Kandidat nötig ist, soll bei den FW jedoch ebenfalls weiter strittig sein. Sobald Entscheidungen feststehen, heißt es, werde man diese "unverzüglich" mitteilen.

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