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Meinung Abwehrkampf gegen Russland

Darum wäre ein schneller Nato-Beitritt der Ukraine jetzt grundfalsch

Ukrainische Rückeroberungen lassen Annexionen vergessen

Angesichts jüngster Erfolge seiner Armee bei der Rückeroberung zwischenzeitlich besetzter Gebiete hat der ukrainische Präsident die Annexionen durch Russland als bedeutungslos bezeichnet. „Sobald die ukrainische Flagge zurückgekehrt ist, erinnert sich niemand mehr an die russische Farce.“

Quelle: WELT

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Ukraines Präsident Selenskyj sollte die Bereitschaft des Westens zur Unterstützung nicht überstrapazieren. Viel wichtiger sind weitere Waffenlieferungen. Denn auf dem Schlachtfeld entscheidet sich, wie ein Frieden aussehen wird.

Neun Nato-Staaten aus Osteuropa und vom Westbalkan machen jetzt Druck, die Ukraine in das Militärbündnis aufzunehmen. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor einen „beschleunigten Beitritt“ gefordert. Damit hat er überzogen. So verständlich es ist, dass sein Land sich einem starken defensiven Militärbündnis wie der Nato anschließen will, so unpassend ist der Zeitpunkt. Selenskyj muss – bei aller Anerkennung für den heroischen Überlebenskampf seines Volkes – aufpassen, dass er die Bereitschaft des Westens zur Unterstützung nicht überstrapaziert.

Es ist richtig, wenn Ukraines Präsident immer wieder mit Nachdruck Kampfpanzer fordert: Sie sind notwendig, um im Osten des Landes eine erfolgreiche Gegenoffensive zu starten, die auch nachhaltig ist. Es ist richtig, wenn Selenskyj mehr finanzielle Unterstützung der EU verlangt, auch wenn Brüssel andere Krisenregionen wie Tadschikistan, Jemen oder den Sudan dabei nicht vergessen darf.

Ein schneller Nato-Beitritt der Ukraine wäre jetzt aber grundfalsch: Eine solche Turbo-Mitgliedschaft würde die Allianz wegen der Bündnis-Verpflichtung nach Artikel 5 möglicherweise noch aktiv in den Ukraine-Krieg hineinziehen. Oder aber sie würde den russischen Präsidenten Wladimir Putin derart reizen, dass er noch viel unberechenbarer wird, weiter dramatisch eskaliert – wahrscheinlich dann sogar mit biologischen und chemischen Kampfstoffen – und sich zugleich die Reihen innerhalb der russischen Eliten hinter dem Kreml wieder schließen würden.

Es war ein schwerer Fehler, dass Kanzlerin Merkel zusammen mit dem damaligen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy im Jahr 2008 einen zügigen Nato-Beitritt der Ukraine und Georgiens abgelehnt hat. Zahlreiche Nato-Länder, darunter auch die Amerikaner, hatten das zu Recht kritisiert. Aber das deutsch-französische Tandem war unbelehrbar in seiner Dialog-Politik gegenüber Putin, der damals schon mit dem Überfall auf die georgischen Provinzen Abchasien und Ossetien seine Skrupellosigkeit offenbart hatte. Aber dieser historische Fehler lässt sich jetzt nicht ausbügeln durch einen überhasteten Nato-Beitritt im Jahr 2022 oder 2023.

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Die Debatte über eine Mitgliedschaft in der Nato hilft Kiew derzeit nicht. Ein Beitritt in den kommenden fünf bis acht Jahren ist vollkommen unrealistisch. Anstatt den Westen in dieser Frage zu spalten, sollte Selenskyj jetzt noch viel stärker auf Waffenlieferungen drängen. Er sollte die Feigheit des deutschen Kanzlers Olaf Scholz, der sich bei der Bereitstellung von Kampfpanzern hinter Washington versteckt, weil er nicht der erste Kampfpanzer-Lieferant sein will, endlich öffentlich thematisieren. Dabei sollte gerade Deutschland, das eine historische Kriegsschuld gegenüber der Ukraine hat, vorangehen.

Warum? Je besser die Waffen sind, die die Ukraine vom Westen erhält, desto erfolgreicher werden Kiews tapfere Soldaten sein. Es entscheidet sich auf dem Schlachtfeld, zu welchen Bedingungen am Ende der Frieden am Verhandlungstisch geschlossen wird. Eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine könnte für immer ausgeschlossen bleiben, falls Moskau aus einer Position der Stärke heraus die Friedensbedingungen maßgeblich diktieren kann.

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